Nachruf auf Dr. Volker Reimann-Dubbers

30. Oktober 2024 | VRD Stiftung

Dr. Volker Reimann-Dubbers

 

Stifter

– u. a. Träger des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg, des Deutschen Solarpreises von Eurosolar e. V. und der Auszeichnung „Stromrebell“ der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) –

 

* 28. Juni 1943 – † 13. Oktober 2024

 

Im Oktober 2024

Herr Dr. Volker Reimann-Dubbers aus Heidelberg gehört zu den Pionieren der Energiewende. Er engagierte sich schon für das Thema, als es noch weithin unbekannt war. Als seine Vermögensverhältnisse es schließlich im Jahr 1997 zuließen, zögerte er nicht, noch im gleichen Jahr die gemeinnützige und unabhängige VRD Stiftung für Erneuerbare Energien mit Sitz in Heidelberg zu gründen.

Für diese Leistungen und seine inhaltliche Weitsicht wurde ihm im Jahr 2014 der Landesverdienstorden durch den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg verliehen. Bereits zuvor hatte er den deutschen Solarpreis der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar) e. V. für seine Verdienste erhalten und war von den progressiven Elektrizitätswerke Schönau (EWS) als „Stromrebell“ ausgezeichnet worden.

Herr Dr. Volker Reimann-Dubbers studierte Chemie, promovierte und arbeitete als Chemiker in der Industrie. Nach der Diagnose einer Multiplen Sklerose erfolgte bereits mit etwa 42 Jahren der vorzeitige Eintritt in den Ruhestand.

Prägend für sein Engagement waren zum Beispiel im Rahmen seines Chemiestudiums frühe, eigene Erfahrungen mit Radioaktivität: 1965 nahm er an einem Radiochemiekurs im Kernforschungszentrum Karlsruhe teil. Beim Besuch des damals neu fertiggestellten Mehrzweck-Forschungsreaktors erlitten die teilnehmenden Studenten durch unsauberes Arbeiten eines Kursteilnehmers Verstrahlungen, die nur zufällig festgestellt wurden. Auch mehrmalige Waschungen ließen die Geigerzähler nicht verstummen. Die Studenten erlebten die Unbeherrschbarkeit von Radioaktivität.

1973 machte das Erlebnis der Ölkrise ihm spürbar, dass fossile Ressourcen endlich sind und eine hohe Abhängigkeit von wenigen fördernden Staaten besteht, die häufig nicht demokratisch regiert werden.

Das bekannte Buch „Der stumme Frühling“ von Rachel Carson erzählt, was er später selbst erlebte: Als naturverbundener Mensch konnte er seinen Kindern nicht mehr die Fülle an Schmetterlingen und anderen Tieren zeigen, die seine eigene Kindheit begleitet hatten. Die Umweltzerstörung, in diesem Fall durch eine fehlgeleitete Agrarpolitik, war spürbar geworden.

Schließlich überzeugte ihn Anfang der 1990er Jahre die stichhaltige Argumentation des ihm damals noch unbekannten Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer in seinem Buch „Sonnenstrategie – Politik ohne Alternative“ endgültig von der Notwendigkeit einer raschen Energiewende als Zukunftsweg für die Gesellschaft.

All diese Erlebnisse führten ihn nach und nach zu einem konsequenten Umdenken: Nahezu 50 Jahre lang engagierte er sich für erneuerbare Energie. Als promovierter Naturwissenschaftler verstand Herr Dr. Volker Reimann-Dubbers früh, dass erneuerbare, dezentrale Energieerzeugung, eine ökologische Landwirtschaft (Agroforstwirtschaft) und geschlossene Stoffkreisläufe Grundlage einer nachhaltigen Gesellschaft sind und zum weltweiten Frieden beitragen.

Bereits Mitte der 1970er Jahre ließ er an seinem damaligen Haus Vorbereitungen für Sonnenkollektoren treffen und stattete kurz darauf weitere Immobilien mit Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie aus. Dies war zur damaligen Zeit ein sehr ungewöhnlicher Schritt und bedeutete, Widerstände zu überwinden, wie zum Beispiel in Bauämtern, statt wie heute Anreize durch staatliche Förderungen zu erhalten. Was im Kleinen begann führte er in größeren Vorhaben fort: Zusammen mit anderen Engagierten und damaligen Visionären setzte er seine ganze Kraft und einen beträchtlichen Teil seiner finanziellen Mittel zur Verbreitung, Weiterentwicklung und Wertschätzung erneuerbarer Energie ein. So war er z. B. Anfang der 1990er Jahre einer der Impulsgeber für die ersten größeren Gemeinschaftsbeteiligungs-Solaranlagen in Bürgerbeteiligung in Freiburg („Regio-Solarstromanlagen“). Weitere Beteiligungsprojekte zur Verbreitung der Solarenergie folgten.

Was wir heute als „Energiewende“ diskutieren, baut auf der Arbeit einiger weniger Vordenker auf. Herr Dr. Reimann-Dubbers war einer dieser Vordenker. „Auf Vorrat denken und ausprobieren“ war ihm stets ein Anliegen, denn es ging ihm um eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft nach der Ethik Albert Schweitzers auf möglichst globaler Ebene, um die Lebensgrundlagen aller zu verbessern.

Die Bedeutung seines Engagements liegt zum einen darin, die dringende Notwendigkeit einer Versorgung mit erneuerbarer Energie bereits vor fast 50 Jahren erkannt zu haben. Zum anderen hat er diese Einsicht in einer damals hierfür noch „unreifen“ Zeit unbeirrbar, diszipliniert und hartnäckig in reale Projekte umgesetzt.

Damals ging es darum, in einer noch weitgehend am Thema uninteressierten Gesellschaft vorbildhafte „Inseln“ nachhaltiger Lebenskonzepte zu installieren, zu erproben und deren Verbreitung voranzutreiben. Mit der „Macht des Faktischen“ sollten die Zweifler überzeugt werden. Die Tatsache, dass er etwa 40 Jahre lang an einer sich kontinuierlich verschlechternden Multiplen Sklerose litt und trotzdem bis zu seinem Tod am Thema engagiert weiterarbeitete, verstärkt die Bedeutung dieses gesellschaftlichen Engagements – seines Herzensanliegens. Die zunehmenden körperlichen Einschränkungen akzeptierte er mit den Worten: „Ich bin froh, dass es mir so gut geht, wie es mir geht, angesichts dessen, wie es mir gehen könnte.“ Durch einen disziplinierten Lebensstil versuchte er, das Fortschreiben der Krankheit hinauszuzögern. Auch noch im Rollstuhl und mit begleitender Hilfe nahm er an zahlreichen Veranstaltungen zum Thema Energiewende in Deutschland teil.

Da seine Krankheit es ihm immer schwerer machte, noch mehr selbst tun zu können, übertrug er diese Aufgabe seit 1997 an „seine“ gemeinnützige VRD Stiftung für Erneuerbare Energien mit heutigem Sitz in Heidelberg. Durch die Rechtsform „Stiftung“ stellte er uns allen unwiderruflich einen beträchtlichen Teil seines Vermögens zur Verfügung. Dauerhaft, und seit Oktober 2024 auch über seine eigene Lebenszeit hinaus, treibt die Stiftung sein Anliegen voran:

Bis heute hat sie zahlreiche Projekte, Veranstaltungen und Publikationen zu erneuerbarer Energie im In- und Ausland gefördert – insbesondere jedoch, und das war Herrn Dr. Reimann-Dubbers sehr wichtig, Aufklärungs- und Bildungsarbeit für junge Menschen und deren erwachsenes Umfeld. Dies geschieht durch fundiert wissenschaftlich entwickelte und erprobte Bildungsprojekte bundesweit, vor allem an Grund- und weiterführenden Schulen, bis hin zu einzelnen deutschen Schulen im Ausland.

Vor einigen Jahren kam als weiteres Thema des Klima- und Umweltschutzes das Vorantreiben der bis dahin in Deutschland weithin unbekannten Agroforstwirtschaft hinzu, also der ökologisch und ökonomisch sinnvollen Integration von Bäumen in die landwirtschaftlichen Nutzflächen. Bei all ihren Projekten kooperiert die Stiftung mit zahlreichen Partnern aus dem öffentlichen und privaten Bereich.

Als Stiftungsratsvorsitzender setzte sich Herr Dr. Volker Reimann-Dubbers fast 28 Jahre lang unvermindert dafür ein, die Arbeit der VRD Stiftung für Erneuerbare Energien voranzutreiben. Noch bis kurz vor seinem Tod kam er regelmäßig in sein Büro um seinen beruflichen Pflichten nachzukommen.

Kurz gefasst: Auch wenn krankheitsbedingt sein Sehvermögen stark eingeschränkt war, war er ein Visionär und ungeachtet weiterer körperlicher Einschränkungen ein Wegbereiter erneuerbarer Energie. Er war – und ist durch seine VRD Stiftung für Erneuerbare Energien auch über seinen eigenen Tod hinaus – stets bereit und bescheiden genug, dem Land und der Gesellschaft etwas zurück zu geben: Der Passus „Eigentum verpflichtet“ unseres Grundgesetzes war für ihn handlungsleitendes Prinzip, während Statussymbole für ihn kaum eine Rolle spielten.

Vorstand, Geschäftsführung, Stiftungsrat und die Mitarbeitenden der VRD Stiftung für Erneuerbare Energien gedenken Herrn Dr. Volker Reimann-Dubbers mit großem Respekt für seine bewundernswerte Lebensleistung und sein Engagement.

Ehrungen von Herrn Dr. Volker Reimann-Dubbers:

  • 2014: Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg „in Anerkennung der vielfältigen Verdienste als Pionier für erneuerbare Energie und die Energiewende“.
  • 2014 wird das Kinderbuch „Die kleine Rennmaus und ihr Zauberhaus“ der VRD Stiftung für Erneuerbare Energien in München mit dem Kinder-Medien-Preis „Der Weiße Elefant“ ausgezeichnet. Das Buch bereitet das Thema erneuerbare Energie spielerisch für Drei- bis Achtjährige mit Bildern und Text auf. Dies schließt eine Hörbuch- und Lieder-CD ein.
  • Im Jahr 2005 erhält er die Plakette zum Deutschen Solarpreis von EUROSOLAR e. V. für die richtungsweisende energetische Gebäudesanierung eines weiteren Hauses in Freiburg (3 Photovoltaik-Anlagen, Regenwassernutzung, Blockheiz-Kraftwerk mit reinem Rapsöl).
  • 2004 wird die filmische Projektdokumentation „Vom Landwirt zum Energiewirt“ der VRD Stiftung für Erneuerbare Energien mit dem Hauptpreis „EKOTOPFILM – Filmpreis des slowakischen Umweltministers“ in Bratislava ausgezeichnet.
  • Bereits im Jahr 2000 erhielt er den Deutschen Solarpreis von EUROSOLAR e. V. für die energetische Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes in Freiburg (Baujahr 1899) hin zum Null-Emissionshaus.
  • Ab 1996 wirkte er immer wieder an der Kampagne der Schönauer Stromrebellen „Ich bin ein Störfall“ mit. 1999 wurde er durch die Schönauer Energieinitiativen mit der zum ersten Mal verliehenen Auszeichnung „Stromrebell“ geehrt.
  • Viele Jahre lang war er zudem Förderer der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Wissenschaftsförderung) sowie des Heidelberger Karlstorbahnhof-Freundeskreises (Kulturförderung).

Claudia Weissflog
(Vorstand)

Andrea Heinrich
(Vorstand)

Eva Wolfmüller
(Stiftungsrätin)

Dr. Georg Eysel-Zahl
(Geschäftsführung)

VRD Stiftung
für Erneuerbare Energien