„Edelholz für eine zukunfts­fähige Agro­forst­wirtschaft“ mit Förderung durch die Eva Mayr-Stihl Stiftung

Mit Edelhölzern lassen sich Agroforstsysteme gezielt verbessern. Sie bieten nicht nur natürliche Schönheit, sondern auch Langlebigkeit und Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen. Ihr Einsatz fördert nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern trägt auch zur Verbesserung der Biodiversität und Bodengesundheit bei.

Agroforstpflanzung auf dem Betrieb Strauss, Schweiz (Foto: Dr. Eysel-Zahl, VRD Stiftung)

Seit Juni 2023 fördert die Eva Mayr-Stihl Stiftung das auf drei Jahre angelegte Projekt „Edelholz für eine zukunftsfähige Agroforstwirtschaft: Entwicklung, Erforschung, Pflege” der VRD Stiftung für Erneuerbare Energien. Es weist sinnvolle Überlappungen zum Förderprojekt „Bäume auf den Acker“ der VRD Stiftung auf.

Projektaufbau: Um wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig sehr praxisnah durch diese Pionierphase leiten zu können, gliedert sich das Projekt in vier Module:

Modul 1: Arten- und Sortenvergleiche an Modellstandorten

Aufbauend auf den Erfahrungen aus der Beratungspraxis und im Dialog mit den Forstwissenschaften erarbeitet ein bereits bestehendes Beratungs-Netzwerk einen Katalog von Steckbriefen zu Baumarten und -sorten mit besonderem Zukunftspotenzial für die Agroforstwirtschaft, inklusive deren Standortansprüchen. Bei der Auswahl spielen neben betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aktuelle Wissenslücken zur Pflanzung der jeweiligen Baumart und -sorte im Freistand eine Rolle. Wichtig ist dabei auch die Erweiterung bisheriger Nutzungen: So werden zum Beispiel Stammholzlinien schnellwachsender Baumarten sowie die Nuss- bzw. Fruchtertragslinien von Edellaubhölzern getestet. Auf diesem Gebiet liegt bereits viel anekdotisches Wissen aus Einzelbeobachtungen vor, welches für zukünftige Pflanzungen und Agroforst-Vorhaben zu hinterfragen und zu systematisieren ist. Basierend auf diesem neuen Gehölz-Katalog werden auf vier betrieblichen Standorten in Deutschland verschiedene Edellaubhölzer in Agroforst-Anordnung gepflanzt. Diese Modellstandorte unterscheiden sich hinsichtlich Bodenart, Relief und Klima, und sie repräsentieren wichtige landwirtschaftliche Produktionsregionen in Deutschland. Die systematischen Pflanzungen ermöglichen hinreichend genaue Untersuchungen unter kontrollierten Bedingungen und stellen Pflanzversuche dar, die gegenwärtig noch nicht getestet werden. An den Modellflächen werden darüber hinaus gut sichtbare Hinweisschilder angebracht, auf denen die Vorteile von Agroforstsystemen erklärt und das dahinter liegende, noch junge Agroforstsystem bildlich per Computeranimation in einen älteren Zustand versetzt wird.

Modul 2: Baumwachstums-Monitoring - Großräumige Skalierung

Die Erforschung der Gehölze und der entstehenden Agroforst-Ökosysteme wird von der Universität Münster koordiniert und geschieht in enger Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen (z. B. Professur für Waldwachstum, Universität Freiburg). Dazu werden zwei Leitfäden zur praxistauglichen Arbeit mit und zur Erforschung von Edellaubhölzern erstellt:

  1. Der erste Leitfaden stellt eine Anleitung zur niedrigschwelligen und kostengünstigen Standortcharakterisierung dar. Die Anwender/innen werden damit befähigt, sowohl grundlegende bodenkundliche Erhebungen im Feld durch zu führen als auch geologische und hydrologische Datenbanken zu bedienen, um die Pflanzplanung an den Standortansprüchen der Gehölze auszurichten (vgl. Modul 1).
  2. Der zweite Leitfaden dient dem jährlichen Monitoring des Wachstums sowie der Gesundheit der Agroforst-Bäume. Das Protokoll zur dazu nötigen Datenerfassung im Feld erläutert auch die Bedienung einer geeigneten Eingabemaske als App sowie die Navigation in einer zu erstellenden deutschlandweiten Datenbank zum Agroforst-Baumwachstum. Noch während der Projektlaufzeit und nach dem Aufbau der Daten-Infrastruktur werden Baumwachstumsdaten aus vielen, bereits vorhandenen Agroforstsystemen gesammelt.

Es entsteht eine Ko-Kreation von Wissen in einem Netzwerk, in dem Agroforst-Praktiker/innen ihre Erfahrungen in der Arten- und Sortenauswahl sowie der Pflege anhand definier- und quantifizierbarer Indikatoren austauschen. Die Universität Münster übernimmt dabei nicht nur die Entwicklung und Umsetzung der oben beschriebenen Punkte, sondern auch die Integration von Citizen Scientists („Bürgerwissenschaftlern/innen“) in das Netzwerk des vorhandenen Forschungsprojektes „agroforst-monitoring“ (z. B. Landwirte, Naturschutzgruppen, Schulklassen, Bürger/innen).

Modul 3: Baumpflege - Multiplikation praktischen Wissens

In Kooperation mit der Obstbaumschnittschule wird ein neues Bildungsprogramm zur Pflege von Edellaubhölzern in Agroforstsystemen entwickelt. Dieses umfasst neben Lehrmaterial vor allem die Wissensweitergabe in Praxisseminaren. Auf gemeinsamen Forschungs- und Pflegeaktionen werden Workshops zu Vitalitätserhebungen (vgl. Modul 2) und fachkundlichem Baumschnitt miteinander verbunden. Diese finden nicht nur auf den Modellflächen (vgl. Modul 1), sondern auch im größeren Netzwerk der Agroforst-Erprobung statt (vgl. Modul 2). Darüber hinaus werden genauere Daten zum zeitlichen und finanziellen Aufwand verschiedener Baumpflege-Regime erhoben, um ökonomische Modellierungsansätze verbessern zu können (in Kooperation mit den Universitäten Bonn, Hohenheim und Göttingen).

Modul 4: Informationsnetzwerk zwischen Baumschulen und Agroforstwirtschaft

Ziel dieses Moduls ist die Sicherung der Verfügbarkeit von relevanten Baumarten und -sorten für zukünftige Agroforstsysteme. In der Vergangenheit zeigte sich, dass die Kommunikationswege zwischen landwirtschaftlicher Beratung und Baumschulen dringend zu intensivieren und möglichst auch zu standardisieren sind, um Planungssicherheit für beide Seiten zu gewährleisten. Dies beinhaltet auch Interviews mit Baumschulleitungen hinsichtlich der Möglichkeiten und Probleme, geeignete Jungpflanzen zur Einrichtung geplanter Edellaubholz-Agroforstsysteme zu ziehen und in ausreichender Zahl vorzuhalten. Ein verbessertes Verfahren zur Beauftragung geeigneter Baumschulen wird entwickelt, damit diese rechtzeitig mit der Anzucht künftig nachgefragter Baumarten und -sorten beginnen können. Als möglicher Ausgangspunkt dieses verbesserten Verständnisses zwischen Baumschulen und Agroforstwirtschaft ist der bestehende, gute Kontakt zur Zeitschrift „Deutsche Baumschule“ zu nennen.

Die VRD Stiftung bedankt sich herzlich bei der Eva Mayr-Stihl Stiftung für die großzügige Unterstützung des Themas.